Zeitzeugengespräch: "Ich konnte die Welt nicht mehr verstehen"

Zum 30. Mal jähren sich die Ausschreitungen gegen Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter sowie gegen Asylsuchende in Hoyerswerda. Bereits vor wenigen Tagen fand das Gedenkwochenende anlässlich dieses Ereignisses statt.

Am Montag, dem 20. September, war David Macao aus Mosambik zu Gast in der Schule, um seine Erlebnisse mit den Schülerinnen und Schülern zu teilen. Die Klasse 9c durfte seinen Ausführungen lauschen. Begleitet wurde der ehemalige DDR-Gastarbeiter an diesem Montag von Frau Paulick (RAA) sowie von Frau Proksch (KUFA), die ihm vor allem beim Sprechen und Erklären halfen, aber auch selbst die Erlebnisse aus historischer Sicht kommentierten.

David Macao kam in den 70er Jahren in die DDR, weil ihm das Versprechen gegeben wurde, vor dem Krieg fliehen und gleichzeitig eine Ausbildung machen zu dürfen und danach Arbeit zu finden. Viele Jahre lang arbeitete er an der Seite seiner deutschen Kollegen als Schweißer in der Nähe von Hoyerswerda. In seiner Unterkunft lebten noch andere Gastarbeiter, mit denen er einen sehr guten Umgang pflegte. Schwierig für ihn waren die Wochenenden. "Wenn wir rausgingen, wurden wir von Jugendlichen provoziert", erinnert sich Macao. Rassismus – das gab es offiziell in der DDR nicht. Aber der Schweißer berichtet so eindrücklich von seinen Erlebnissen, dass man die DDR- Darstellung schnell revidieren muss. Als es 1991 in Ost und West zu ausländerfeindlichen Übergriffen kam – die in Hoyerswerda ihren Anfang nahmen – ahnte Macao, dass da etwas Bedrohliches auf ihn zukommen würde. Als dann seine deutschen Freunde, mit denen er jahrelang Seite an Seite gearbeitet hat, "Ausländer raus!" riefen, verstand Macao die Welt nicht mehr. "Dann ist kein Vertrauen mehr da", resümiert er.

In der Folge wurden die Opfer aus der Stadt gebracht – ein falsches Signal für die Öffentlichkeit. "Das zeigt, dass die Täter gewonnen haben", erkennt Konstantin Klein, Schüler der Klasse 9c. Verständlich, warum Macao sagt: "Ich wollte nach Hause" – so sehr er sich an das Leben in Deutschland gewöhnt hatte.

Für alle, die mehr über die Ausschreitungen in Hoyerswerda erfahren möchten: Bis zum 3. Oktober 2021 gibt es im Lausitzcenter eine Ausstellung, bei der die Opfer porträtiert werden. Wer sich in Ruhe über das Thema informieren möchte, dem sei der Dokuroman "Kinder von Hoy", aus dem Macao immer wieder vorgelesen hat, als Lesetipp ans Herz gelegt.

Rubrik: Schülerzeitung ONLINE

Veröffentlicht: am 28.09.2021

Autor: Frau Liebig

Bildnachweis: Vielen Dank an Frau Liebig für die Fotos.