"Ich bin stolz auf ihn, war immer schon stolz auf ihn"

Wer denkt nicht voller Bewunderung an die eigenen Eltern? Manch einer mag mehr Gründe dafür haben, der andere weniger. Während der Zeitzeugengespräche, die jedes Jahr für die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 10 stattfinden, erhalten Jugendliche Einblicke in ganz besondere Biografien von Menschen, die sich während der Zeit des Nationalsozialismus gegen das Regime aufgelehnt haben.

Diese Formen des Austauschs sind Teil des Projekts "Wider das Vergessen", das seit nunmehr 29 Jahren für alle vier Schulen in Hoyerswerda angeboten wird. Organisiert wird es von der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Demokratie und Lebensperspektiven (RAA) Hoyerswerda/Ostsachsen e.V., die sich um Gedenkstättenfahrten, Kranzniederlegungen oder auch Buchlesungen bemüht, um so das Demokratiebewusstsein bei Jugendlichen zu stärken.

Den Höhepunkt des Projekts "Wider das Vergessen" stellen jedoch die Gespräche mit Zeitzeugen oder deren Nachkommen dar. In diesem Schuljahr wurden die Ehrengäste feierlich am Nachmittag des 5. Februar 2025 in der Kufa empfangen. Die Oberschule der Stadt kümmerte sich um die musikalische Umrahmung. Auch unsere Schule trug mit einem Programmpunkt bei: Nele und Lina aus der Klasse 10b stellten den Gästen der Eröffnungsveranstaltung die Gedenkstättenfahrt nach Buchenwald vor, an der sie im Oktober teilgenommen hatten.

Am Donnerstag, dem 6. Februar, wurden die Zeitzeugen in die Schulen geschickt. Die Klasse 10a durfte Heiderose Gläß begrüßen. Die 74-Jährige berichtete über ihren Vater Alfred Schneider, der als Kommunist Mitte der 30er Jahre verhaftet wurde und in zwei Konzentrationslagern (Lichtenburg und Sachsenhausen) interniert war. Die Nachfahrin legte in sehr anschaulicher Weise die Zeit im KZ sowie die anschließende Kriegsgefangenschaft ihres Vaters dar. In der DDR erhielt Alfred Schneider eine Verdienstmedaille für seinen Kampf gegen den Faschismus. "Ich bin stolz auf ihn, war immer schon stolz auf ihn", resümierte die Seniorin.

Gebannt lauschten die Zehntklässlerinnen und Zehntklässlern den Ausführungen und durften anschließend Nachfragen stellen. Besonders interessiert waren sie zu erfahren, wie der Vater die Haft erlebt und was die Mutter in jener Zeit empfunden hatte und wie die Aufarbeitung des Erlebten vonstatten ging. Heiderose Gläß wurde ferner nach ihrer Haltung zu aktuellen Entwicklungen gefragt und zog Parallelen zwischen damals und heute. Eindrücklich warnte sie vor dem Rechtsruck, den sie aktuell erlebt.

Auch die Parallelklassen hatten Zeitzeugen zu Gast. In der 10c sprach Fanny Paucker über ihre Urgroßeltern, die 1942 deportiert wurden und den Holocaust nicht überlebten. In den Klassen 10b und 10d (Geschichtsklasse) war Thomas Zschocher zu Gast, der auch als Bildungsreferent in Buchenwald tätig ist.

Eine anschließende Auswertungsrunde im kleinen Kreis (Zeitzeugen und deren Begleiter, vier Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer sowie fünf Schülerinnen und Schüler) rundete den Zeitzeugentag ab.

Rubrik: Berichte & Rückblicke

Veröffentlicht: am 09.02.2025

Autor: Beatrice Liebig

Bildnachweis: Vielen Dank an Frau Liebig für die Fotos.